Marian Williams – blog:kaatibun movies and more

Dezember 24, 2009

‚This is the end, the start of it all‘

pen

Wie startet man sein virtuelles Leben in der Blogospäre? Genau so!
Mit der Reflexion (der Illusion) eines Startschusses, in medias res:

Illusion deswegen, weil das Internet und umso mehr die Version 2.0 keinen Anfang kennt. Man kann, wenn man will, soweit gehen zu sagen: kein eigenes kollektives / kulturelles Gedächtnis hat, sondern nur eins für die Gesellschaft ist.

Zumindest jedoch hat die Historizität das Nachsehen gegenüber der spätmodernen Unmittelbarkeit und Kontingenz.
Die Dinge verlieren in ihm die Erinnerung an ihre Herstellung“ heißt es über den Mythos bei Roland Barthes und insofern hat auch das Internet etwas mythisches…
Nun aber genug des vagen namedroppings und Andeutens.

Es soll jetzt/hier auch nicht um das ‚große‘ Internet gehen; sondern wie man seinen Anfang darin macht. Seinen Anfang, denn es kann kein allgemeiner, sondern nur ein persönlicher sein. Ich fange also für mich an, zugleich als Schreiber und Leser, in Personalunion, und im Grunde schreibt man gerade in der Form des Blogs doch immer in erster Linie für sich selbst (bei diesem posting/Text ist es sicher auch in 2. Linie noch so…).
Ein blog ist vielleicht die privateste Form der schriftlichen Mitteilung, nach dem Tagebuch, und in gewisser Weise ist er nicht weit davon entfernt. Diese Blog-Einträge werden nicht mit „Dear diary“ beginnen, sind kein ich-bezogenes Gefühls-TageBuch; aber vielleicht soetwas wie ein welt-bezogenes Gedanken-Diary – addressiert an unbekannt, an alle und keinen.
Und damit sind sie Teil eines Entwurfs, eines Projekts, eines Versuchs das eigene Ich oder einen Teil davon – irgendwie! – zu behaupten, zu bedeuten (anstatt es abzubilden) – Entgegen der als spätmodern begriffenen dynamischen Zukunft(slosigkeit), des angeblich nicht mal mehr von einem nietzscheanischen ‚Willen zu Irgendwas‘ gestaltbaren Lebens eines nicht mehr länger autonomen Subjekts; zum Trotz, nicht nur gegen das Absurde, sondern gegen die Kontingenz einer Projektion des Ichs, das der absoluten Grundlage entbehrt.

Der ‚andere‘ Leser ist – Du bist – also erstmal nur Funktion, also mittelbar; und die kollektive Öffentlichkeit als Summe gibt sich sowieso verschämt und versteckt sich in den individualistischen Verwicklungen des web 2.0. Diese mittelbare Öffentlichkeit ist, zumindest hier, eben auch nur ein Vorwand, ein Mittel zum Zweck. Zu welchem? Zum Beispiel der Konkretisierung, der Kanalisierung. Gedanken gewinnen ihre allgemeine Berechtigung erst außerhalb des Kopfes, zumindest die meisten, und sie brauchen eine Begründung um ihn zu verlassen und in eine feste Form überzugehen, denn sie verlieren dadurch ihre ‚phantastische‘ Beliebigkeit bzw. gehen das Risiko ein sich angreifbar zu machen (denn das ist der Preis des Ausgesprochenen). Dann haben die Gedanken und ‚Ideen‘ keine Basis mehr, lösen sich von der verantwortungslosen Unbestimmtheit und traumhaften Formlosigeit, verdichten sich und legen damit ihre Unschuld ab. – Ausgesprochen oder geschrieben zu werden ist der Sündenfall der Gedanken, aus dem illusorischen Paradies einer mehr oder weniger solipsistischen Subjektivität, hinaus in die feindliche AußenWelt eines dialektischen Diskurses, eines text générale oder wie auch immer…schlussendlich aber hinein in ein schrecklich-beliebiges Sprachspiel.

So gesehen ist nicht nur die Idee eines Anfangs unnötig und sinnlos, sondern auch die einer Rechtfertigung. Die Apologie der produktiven Illusion erübrigt sich also wohl generell; im Internet aber mit Sicherheit, denn darin wird das Recht auf Meinungsäußerung noch selbstverständlicher praktiziert & gelebt – ein Menschenrecht auf Mitteilung der Bürger des virtuellen Staates. Diese Niederschwelligkeit der Kommunikation verlangt keine Legitimation mehr, und ich werde erst gar keine versuchen.

Bleibt nur noch der Inhalt. Aber auch der ist in gewisser Weise beliebig, denn ein blog ist aus seinem schon beschriebenen pseudo-öffentlichen, aus sich-selbst legitimierten Status heraus, nur die Form der „Ausweitung der eigenen Person“, und auch wenn der liebe Herbert Marshall McLuhan hier nicht wieder schlagwortartig Verwendung finden soll, gilt doch normativ und intentional gesehen, sein medium=message Stehsatz. Die message richtet sich an den Autor selbst, als Spiegelung, als Reflexion der Illusion eines Startschusses – für was, auf welche Ziel-Vorstellung hin beibt natürlich ungewiss, wird sich dann am immer-aufgeschobenen Ende zeigen (nach dem Motto Das Ende als Wahrheit des Beginns, wie Sartre meinte) und liegt vielleicht begründet in diesem provisorischen Anfang, der keiner ist.

 

Wer auch immer mir diesen Satz in den Kopf gesetzt hat…
THIS IS THE END, THE START OF IT ALL

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